Flagge St. Pauli
Flagge Wassersport St. Pauli

Mit der Fusion am 01.12.1977 gab der Wassersport St. Pauli (1921 gegründet) seine Eigenständigkeit auf. 55 Jahre erfolgreicher Wassersport im Wassersport St. Pauli e.V., das waren vor allen die Jahre von 1948 bis 1955 mit Platzierungen im Kajak und Faltbooten auf Welt-, Europa- und Deutschen Meisterschaften. Unsere Elite gehörte 1952 zur Olympia-Kernmannschaft, sie zog in die Nationalmannschaft ein. Die unvergessliche Lisa Schwarz wechselte der Liebe wegen nach Österreich und erreichte 1960 auf der Olympiade in Rom den sechsten Platz im Endlauf. Der Wassersport St. Pauli war zunächst eine Abteilung im Turnverein St. Pauli. Er wurde 1921 in das Vereinsregister als selbstständiger Verein eingetragen. Zu den Gründern gehörten Hans Stender, Andreas Zürner, sowie die Herren Künder, Johns, Bootmann und Rudolf. Die zweite Gründungsversammlung fand im Februar 1948 statt. Während der nationalsozialistischen Herrschaftsjahre waren alle Aktivitäten eingestellt worden. Die Wanderfahrerei fand große Begeisterung unter den Vereinsmitgliedern, es kamen immer mehr Wasserfreunde hinzu. In den Jahren 1948, 1949 und 1950 erkämpften sich die St. Paulianer dreimal in Folge den Vereinswanderpreis, der vom DKV für die Wanderfahrer gestiftet wurde.

Somit wurden sie endgültiger Gewinner des „Neptun-Wanderpreises“. Ab dem Zeitpunkt nannten sich die Aktiven das „Neptun-Geschwader“. Mit Wanderfahrten in alten Holzbooten, zum Teil Eigenbauten, ging es dann wieder los. Zum Teil haben auch die alten Faltboote wie Kette, Marquard und andere, überlebt. Die Elbe wurde 1946 freigegeben und ab der Währungsreform 1948 wurden wieder Flussfahrten organisiert. Mit Lastwagen wurden auch schon wieder die Heideflüsse erreicht und mit der Hilfe von der ländlichen Bevölkerung wurden auch schon einmal Transporte mit Pferd und Wagen durchgeführt. Aber auch Hilfen bei dem Überwinden von Wehren oder sonstiger Hindernisse im Flussbett wurden uns immer wieder gewährt.Man traf sich in Övelgönne, die Jugend an der Alter bei Silva, in der Nachbarschaft vom ACC, später dann auch in Övelgönne. Dort lagen unsere Mannschaftsboote: Zehner-Kanadier, das Vierer-Kajak sowie die Rennkajaks. Nach Feierabend (erst ab 15 Jahren) konnte man unter vorzeigen eines beglaubigendem Zertifikats im Schwimmen Mitglied werden, dann ging es per Fahrrad zum Training. Unter der Regie von Rennsportlern wie Eilert Drews (Deutscher Meister in K1 in 1948, 1949 und 1950) oder Helmut Cämmerer (Olympiade 1936 in Berlin Platz zwei), wurden wir in den 60er Jahren auf die Wettkämpfe vorbereitet.

Vierer Kajak
Vierer Kajak

Mit einem gesponserten VW-Bus und geliehenen Rennbooten besuchten wir die Regatten im norddeutschen Raum. 1964 verloren wir am Elbhang, oberhalb des Fährhauses Neumühlen unser erstes Bootshaus, ein größerer Schuppen, der in Eigeninitiative von den Aktiven aus Bauabfällen und Trümmergut erstellt wurde. Unter Einflussnahme von Senator Helmut Schmidt, der Kunde bei Hans Stender war, stellte die Liegenschaft uns ein Ersatzgrundstück zur Verfügung. Wir bauten bei einer angemessenen Umlage und 3.000 Eigenstunden ein neues Bootshaus für allerdings nur zehn Jahre. Nach reiflicher Überlegung, vielen Gesprächen und Suchen nach Alternativen mussten wir St. Paulianer einsehen, dass es für unseren Sportgeist und die Lust auf Wassersport das Beste sein wird, wenn wir mit dem HKC eine Verbindung eingehen. Der kleine Juniurpartner mit einer glorreichen Vergangenheit und einer vorbildlichen Aktivität, traf auf einen Verein mit festen Strukturen, einem sehr schönen Bootshaus und einer ebenfalls traditionellen Vergangenheit. Die damaligen Vereinsvertreter vom HKC, Daggi und Uwe Wagner, Winfried Soltau, Heinz Tacke und andere, kamen unseren Wünschen sehr entgegen und machten uns die Entscheidung leicht. Die Hauptversammlung des Wassersport St. Pauli bekannte sich einstimmig zur Fusion mit dem HKC und somit gegen ein Fortbestehen an der Elbe in Övelgönne. Rund hundert neuen Mitgliedern, von denen ca. 60 aktive Kanupolosportler waren, belebten fortan den HKC.

VW-Bus
Unser VW-Bus

1972 hatten wir den Kanupolosport für uns entdeckt. Auf Neustein, dem DKV-Zeltplatz, lernten wir durch die Kanuten der Polizei Hamburg diese für uns bis dahin fremde Sportart kennen. Wir wollten es auch einmal probieren und nahmen die Einladung zum Schnuppertaining am Isebek-Kanal an. Nun trommelten wir die Ehemaligen von St. Pauli zusammen und der Funke der Begeisterung sprang sehr schnell über. Das war es, das kann auch unsere Sportart werden. Wir liehen uns die Bootsform von der Polizei aus und haben dann die ersten Poloboote selbst gebaut. Welch ein erhabenes Gefühl! In der Langestraße bei der Firma Junkel, bei Armin Zürner im Heizungskeller, im Bootshaus von St.Pauli und später im HKC. Über 30 Boote bauten wir selber, bevor wir dann den Bootsbau in Auftrag gaben. Den Zulauf der Jugend hatten wir gar nicht erwartet. Am Fischmarkt hatte es sich rumgesprochen. Ganze Klassenverbände meldeten sich bei uns und wollten mit machen. Wir hatten nun das Problem der Integration in das bestehende Vereinsleben. Die Begeisterung war da, so gingen wir auf die Suche nach einer geeigneten Wasserfläche. Auf der Elbe war der Sport nicht auszuüben. Schon gar nicht mit Anfängern. Es müsste schon etwas ruhiger und gefahrenloser zugehen. Also nahmen wir alles in näheren Augenschein, wo es Wasserflächen gab, Rückhaltebecken, Staugewässer. Die Alster mit ihren Verästelungen wurde beurteilt und auf Machbarkeit überprüft. Das Sportamt, der Sportbund und der DKV, die Herren Klein, Bauer, und Scholz berieten uns und unterstützten unser Bemühungen nach einem neues Quartier. Senator Runau hatte das Wassersortzentrum in Allermöhe im Angebot. Bezirksamtsleiter Weidemann pries die Alsterkrug-Chaussee und das Rückhaltebecken an der Saarlandstraße an. Der DKV-Vorsitzende Scholz wollte uns an das Falkensteiner Ufer umsiedeln und bot das Rückhaltebecken am Osdorfer Born als Kanupolo-Domizil an. Wir nahmen alle Vorschläge ernst, resignierten jedoch irgendwann. Nicht schon wieder, es sind es doch erst zehn Jahre her, als wir unser Bootshaus in Övelgönne mit sehr viel Eigenleistung errichtet haben und jetzt droht uns dasselbe noch einmal? Das überstehen wir nicht und würden die Mitglieder nicht bei der Stage halten können. Wir wollten nur endlich wieder Sport treiben und eine realistische Perspektive erhalten.

Der neuentdeckte Polosport faszinierte uns und wir trainierten überall, wo es möglich war und wir geduldet wurden. Mittlerweile hatten wir uns einen Bootsanhänger gebaut, es waren bei uns viele verschiedene Berufe vertreten, sodass wir einiges in Eigenarbeit erreichen konnten. Vereinzelnd standen uns nun auch Privatautos zur Verfügung und so konnten wir die Bootstransporte eigenständig durchführen. Beim ETV, Polizei Hamburg und Paloma, auf dem Stadtparksee und in Schwimmbädern, aber auch am Alsterufer errichteten wir Spielfelder und bespielten diese. Am End unserer Trainingseinheiten wurde immer der normale Zustand wieder hergestellt, so dass es keinerlei Beanstandungen gab. Wir bauten vorübergehend auf dem Gelände von Paloma einen Poloschuppen und fuhren auf den Stadtparksee zum Polospielen. Die Spielfeldgeräte wurden jedes mal auf den Booten transportiert. Mittlerweile hatten wir eine Stadtliga gegründet, an der sechs Hamburger Mannschaften teilnahmen. Jeden Mittwoch fanden die Ligaspiele statt und die Hamburger Presse brachte regelmäßig Spielberichte und die jeweilige Tabellen. Wir besuchten all Kanupolo-Turniere, die für uns erreichbar waren, nahmen an allen zwanzig Großfeldmeisterschaften teil und erspielten uns Meisterschaften bei den Junioren und den Damen. So betrieben wir unseren Sport zwanzig Jahre, in über 500 Spielen für den Wassersport St. Pauli und später für den Hamburger Kanu Club. Wir gewannen weitere Vereine für unsere Sportart und übernahmen ehrenamtliche Funktionen im DKV Hamburg für den Polosport. Bis das Großfeld durch Kleinfeld, die Spielfeldtore durch Hängekörbe und die Boote durch wendige Kleinboote ersetzt wurden. Die Regeln wurden total verändert und die Spielzeiten verkürzt. Es war plötzlich eine veränderte Sportart, die sich wohl international durchsetzen würde, die allerdings nicht mehr Jedermanns Sache war. Eine neue Generation hat mit wesentlichen Veränderungen das Geschehen im Polo übernommen.

Aber wie ging es eigentlich bei St. Pauli damals weiter?

Auf deutschen und europäischen Flüssen fanden Vereins- und Familienfahrten statt. Die Paddelsaison began im April und endete im Oktober. An den Wochenenden sind wir dann auf Wanderfahrt gewesen. Gern trafen sich die Hamburger Zehner auf der Alster, um auf Lühesand gemeinsamen Spaß zu haben. Fußball bis zum Umkippen und Wettfahrten auf der Heimfahrt in Richtung Alster, Zehner gegen Zehner. Irgendwann wechselte unsere Jugendgruppe dann auch nach Övelgönne und nahmen die ständige Schlepperei in Kauf. Treppe auf, Treppe ab und das immer wieder. Wir kamen mit vollgepackten Rädern an, versorgten uns bei „Mutter Giese“ mit Getränken und bei Wittmunt mit Lebensmitteln. Alles wurde in die Boote verstaut. Unsere ersten Zelte waren Berger Zelte und selbstgebaute Vorzelte aus Nesselstoff. Luftmatratzen und Schlafsäcke wurden zum Sitzgepäck gestaltet. Der sonstige Zelthaushalt, wie Klappstühle, Rolltische, Enders-Kocher und Kochgeschirr, sowie Getränke, Lebensmittel und sonstige Pflegeartikel wurden in den Zwischenräumen verstaut. Sogar der Teppich für das Vorzelt musste mit und natürlich die „Wasserkuh“ für den täglichen Bedarf. Alles wurde ans Ufer der Elbe und nach der Rückkehr am Sontag wieder rauf auf's Bootshausgelände geschleppt. Wann immer wir uns mit unseren Einzelpaddlern trafen, wurde je nach Tide die Unterelbe oder die Oberelbe befahren.

Kanupolo St. Pauli
Kanupolo St. Pauli

Gezeltet haben wir dann gemeinsam auf Julssand, Hinterbrack, aber auch Lühesand oder Paggensand. Das Jugend- und Mannschaftszelt, wir nannten diese Rundzelte ganz einfach nur „Pöpelkirche“, waren immer dabei. Wenn die Oberelbe auf dem Zettel stand, waren Moorwerder, Hoopte oder die Seeve rauf und gegen die Tide an bis nach Hörsten im Angebot. Die Einzelfahrer schafften es auch schon Mal flussauf bis nach Jesteburg. Pfingsten und Ostern fanden verlängerte Fahrten statt, meist durch Unterstützung des Busunternehmens Thies. Nun standen die Trave, Wackenitz, Örtze, Böhme, Aller, Este und weitere Flüsse im norddeutschen Raum auf dem Plan. Die Ilmenau wurde oft und gerne gefahren. In Lüneburg eingesetzt ging es über Ülzen zur Elbe. Die Gose Elbe, die Dove Elbe, Barum und Tatenberg und viele andere Paddelziele wurden immer wieder aufgesucht. Wir kamen auch in Veranstaltungsräumen der Gasthäuser unter, wenn das Wetter nicht gnädig mit uns war. Auf Moorrande (Moorwerder) fanden dann immer wieder beliebte Veranstaltungen statt. Heute würde man wohl von Events sprechen. Neptun hat zur Äquator-Taufe geladen. Indianerstämme präsentierten sich und Laternenumzüge zogen immer wieder auch Paddler anderer Vereine an. Die jährliche Sonnenwende auf der Bundhausener-Spitze mit dem Sonnenwendfeuer, auf dem neben Tannenbäumen auch die alten Holzboote verbrannt wurden. Am Tag wurden vorher die Kinder bespaßt. Eierlaufen, Sackhüpfen und andere Wettkämpfe wurden ausgetragen, Zehnerrennen einbezogen.

Sommerferien hatten es in sich

Einige Jahre waren wir mit dem ETV und Paloma auf der Werra und Weser sowie Saar, Mosel und Rhein unterwegs. Die Zehner wurden mit der Bundesbahn zum Zielbahnhof gefahren und irgendwo auf einem Abstellgleis geparkt. Wir reisten ebenfalls mit der Bahn an. Die Einzelpaddler hatten die Bootswagen mit allem bepackt, was ihrer Meinung nach wichtig war und unbedingt dazu gehört z. B. Kuschelkissen für die Mädchen, Fußbälle, Pfeil und Bogen sowie Schmöcker (Billy Jenkens, Tom Brox etc.) für die Jungs. Es lag dann in unserer Zuständigkeit, alles weitere zu organisieren. In Saarburg warteten wir fast eine Woche lang, bis unsere Boote eintrafen. Auf der Weser hatten wir Hochwasser, gefühlte drei Meter über Normal, so dass wir einige Wehre mit den Zehnern fahren konnten, nach Erdbeeren getaucht haben und Kirschen vom Boot aus pflückten. Auf der Werra fuhren wir auf eine Aalreuse auf und es wurde in deren Folge eine Bootsreparatur erforderlich. Mit Hartfaserstreifen, Glaserkitt und guter deutscher Markenbutter wurde der Zehner für den Rest der Reise wieder flott gemacht. Später opferten wir ihn dann dem Sonnenwendfeuer auf Moorwerder. Toll waren auch die Ferienreisen in unseren Faltbooten. Die Donau von Passau aus in Richtung Österreich. Die Ardechè und Rhone in Südfrankreich bis ins Rhone-Delta. Reisen nach Jugoslawien oder Griechenland wurden durchgeführt. Unter der Regie von Audi Cämmerer fand 1959 eine Verbandsfahrt nach Jütland in Dänemark statt. Die Gudenar und der Limpffiord sowie Randers und Aalborg waren die Ziele. Rund 80 Paddler ließen sich von dem Bus der Firma Thies in den Norden bringen. Mit zwei Mannschafts-Kanadiern und zahlreichen Faltbooten auf den Busdächern ging die Reise los. Die Teilnehmer kamen aus vielen Hamburger Vereinen zusammen. Sie wurden vor Ort von den Menschen mit großem Hallo begrüßt und von der dänischen Presse empfangen und begleitet. Ein Ereignis, das nicht alltäglich war.

Die Zollköpfe

Inge und Karl Zollkopf waren vom Ehrgeiz besessen, Rekorde zu brechen. Wandersportabzeichen in Gold erpaddelten sie sich bis ins hohe Alter und wurden vom DV für ihre Globusfahrten ausgezeichnet, d.h. 40.000 Fluss- und Küstenkilometer haben sie in ihrem Paddlerleben nachweislich erreicht. Inge war als Kassenwartin für alles, was den Verein betraf, zuständig. Auch nach der Fusion bekleidete sie das Amt der Kasse, bis wir sie 1978 verabschieden konnten und uns mit einem großen Blumenstrauß und anerkennenden Worten stilvoll bedankt haben. Inge war im Wassersport St.Pauli und als wir Övelgönne endgültig verlassen mussten, wurden wir von dem neuen Bauherren Heidorn mit 30.000 DM abgefunden. Der Betrag war nicht verhandelbar, so sehr wir uns auch bemühten. Die Liquidatoren waren bestellt und die Versteigerung der Bootshausausstattung und der Gebäudeteile erfolgte. Zuvor wurde jedoch festgelegt, dass die Bootshaus-Rollen-Tore, das Bootslagerungssystem, die Umkleideschränke, das Gestühl sowie die Vereinsboote von der Versteigerung ausgeschlossen waren. Mit der Abfindung von Herrn Heidorn und den Erträgen aus der Versteigerung sowie der anderen Gegenstände haben wir unsere Aussteuer zusammen gehabt und wurden mit offenen Armen im HKC willkommen geheißen.

Bootstore
Die Bootstore von St. Pauli am gemeinsamen Vereinshaus

So haben wir im HKC unseren neuen Heimathafen gefunden und konnten unseren geliebten Wassersport betreiben. Viele neue Freunde haben wir dazu gewonnen. Sie kamen auch aus anderen Vereinen und wollten gerne mit uns unter dem Namen HKC Polo spielen. In aller Verbundenheit zu den Ehemaligen hatten Ulla Lüssow und Uwe Wohlers die Idee, jährlich ein Veteranentreffen zu organisiert. 10 -20 Sportfreunde trafen sich noch einige Jahre zu einem gemütlichen Beieinander in. Der Kreis wurde leider immer kleiner, sodass wir dieses nostalgische Treffen 2020 einstellten.

Heute treffen wir uns regelmäßig als die HKC-Senis des Vereins und erfreuen uns an Ausflügen, Besichtigungen und beim Kaffeeklatsch im Bootshaus. Hoffentlich noch sehr lange.

HKC-Senis
Die HKC-Senis

In Erinnerung, Juni 2021

Wolfgang Kuberg